Als Kurt ein halbes Jahr alt war, starb sein Vater 1928 an einer
Lungenkrankheit. Seine Frau Jeanette Gutmann musste ihre drei
Söhne alleine groß ziehen. Hans Gutmann kam als
ältester Sohn am 18. August 1922 zur Welt. Kurt Gutmann, der
jüngste von drei Söhnen, wurde am 18. Februar 1927 in Krefeld
und Fritz Gutmann, der später seinen Name in Frank Goldmann
umbenannte, am 11. März 1924 in Krefeld geboren.Während der
Kindheit litt besonders der jüngste Sohn Kurt Gutmann unter dem
täglichen antisemitischen Terror der Nationalsozialisten. Kurt
Gutmann konnte mit dem aller letzten Kindertransport im Juni 1939 nach
Schottland entkommen. Er erlebte die Zeit als Kind in Deutschland mit
Angst und Schrecken. Die Nazis stahlen ihm das Lachen und die
Fröhlichkeit. Mitte der 30er Jahre zog Jeanette Gutmann mit ihren
drei Kindern von Krefeld nach Mühlheim an der Ruhr.
Vor den Fenstern tobte der braune Mob: Die Nazis zogen mit
erschreckenden Parolen umher. Sie schleppten Puppen in ihren
Umzügen mit, Schilder mit "Juda verrecke!" Sie sangen:"...und wenn
das Judenblut vom Messer spritzt, dann geht's noch mal so gut." Diese
Szenen der Angst prägten sich tief in der Seele von Kurt Gutmann
ein. Wenn die grölenden "Braunhemden" aufmarschierten empfand
seine Mutter entsetzliche Angst und wollte sich das Leben nehmen. Zu
den vielen Ängsten von Kurt gesellten sich auch die Ängste
der Mutter.
Hans Gutmann, Kurt Gutmann, Fritz Gutmann, (dahinter) Mutter Jeanette Gutmann
In der Schule in Mühlheim wurde Kurt von seinem Rektor -ein
SA-Mann- und seinem Geschichts- und Sportlehrer auf sadistische Weise
schikaniert. Sein Geschichtslehrer erteilte ihm einen Auftrag und
schickte den Achtjährigen zum Rektor. Er klopfte an und
grüßte mit "Guten Morgen". Der Rektor brüllte ihn an:
"Wie grüßt ein deutscher Junge?" Kurt schwieg. Als
jüdischer Junge war es Kurt verboten "Heil Hitler" zu sagen. Der
Rektor verpasste dem Kind mit dem Rohrstock zehn kräftige
Stockschläge. Weil Kurt seinen Auftrag nicht beim Rektor
ausführen konnte, schlug sein Geschichtslehrer nochmals auf ihn
ein. Die Klasse johlte bei dem Strafexzess. Vom Klassenzimmer
aufgestachelte Schüler bildeten Grüppchen und
verprügelten ihn auf dem Nachhauseweg. Immer wieder und wieder
passierte es. Die Mutter musste häufig die blutverschmierten
Wunden des Jungen verarzten.
Hans Gutmann ermordet von den Nazis
Der älteste Bruder Hans Gutmann war ein ausgezeichneter
Schüler.Jedoch hatte die Familie kein Geld für das Gymnasium.
Er musste eine Elektrolehre beginnen. Hans verdiente nur wenige
Pfennige. Von seinem geringen Lohn kaufte er seinem kleinen Bruder
Kurt, den er sehr liebte, Bonbons. Hans Gutmann blieb die Ausreise nach
Schottland verwehrt. Er wurde 1942 mit seiner Mutter Jeanette nach
"Osten" deportiert. Kurt Gutmann fand durch seine späteren
Nachforschungen heraus, dass beide höchst wahrscheinlich im
Konzentrationslager Sobibor ermordet wurden. Fritz, der
zweitälteste Bruder,durfte als Halbwaise nach Schottlandins
Waisenhaus und machte dort sein Abitur. Als britischer Soldat kehrte
Kurt Gutmann 1945 nach Deutschland zurück. Im Jahre 1947 hielt er
sich für kurze Zeit an seinem Heimatort 1947 auf und ging mit zwei
Mädchen tanzen. Ein mutmaßlicher Schulkamerad sagte zu einem
der Mädchen: "Weißt du, dass du hier potenzielle
Rasseschande betreibst." Daraufhin setzte sich Kurt Gutmann, der sonst
friedlich gesinnt ist, zu Wehr und schlug ihn, so dass er zu Boden
fiel.