Friedrich Spindler
Friedrich Spindler
(Foto Familie Spindler)
Friedrich
Spindler wurde als achtes Kind des Korbflechters und
Alteisenhändlers Peter Spindler am 7. Mai 1925 in Sexau geboren.
Die NS-Rassenforscher stigmatisierten ihn als
„Zigeunermischling“. Friedrich wurde Ostern 1940 aus der
Volksschule entlassen und arbeitete zunächst als Hilfsarbeiter in
Emmendingen. Er war ein intelligenter und aufgeweckter Junge, der sich
dem System der Ausgrenzung und Diskriminierung nicht beugte, sondern
widersetzte. Während seiner Schulzeit wurde er als widerspenstig
„faul, vorlaut, unzuverlässig...“ charakterisiert.
Sein Verhalten war aber nur die Reaktion auf die täglichen
Diskriminierungen, die er als Sinti-Junge durch Lehrer und
Mitschüler erleiden musste. Nach einer kurzen Haftstrafe, die er
wegen kleiner „Entwendungen“ verbüssen musste, kam er
am 18. Dezember 1942 in die Anstaltserziehung im Jugendstift
„Sunnisheim” in Sinsheim.
Während seiner Zeit in der
Erziehungsanstalt wurde er vom Sondergericht Mannheim, das ihn
später wegen „staatsfeindlicher Äußerungen“
verurteilte, als „Schwerverbrecher“ bezeichnet: „...
Dort führte er sich schlecht, und durch seine unoffene,
verdrückte und verschlagene Wesensart fiel er unangenehm auf. Auch
hatte er Fluchtpläne geschmiedet.“
Nach einer Diskussion am 28. Januar
1943 über die Stalingrad-Tragödie der Wehrmacht verspottete
er Hitler durch einen Reim, der ihn durch belastende Aussagen von drei
elsässischen Mitzöglingen vor das Sondergericht Mannheim
brachte. Seine Äußerung gegen Hitler wird durch das
Sondergericht als „besonders verwerfliche Gesinnung“
bewertet. Aus heutiger Sicht ist Friedrich Spindler nicht nur ein Held,
sondern jemand, der sich nicht von einem verbrecherischen Staatsapparat
brechen ließ und dem freien Wort treu blieb, wie sein Spottreim
gegen Hitler belegt:
Am
10. Februar 1943 wurde Friedrich Spindler „wegen
staatsfeindlicher Äußerungen und Diebstahls in
Untersuchungshaft in Heidelberg“ eingeliefert. Im Dokument der
Kriminalpolizeistelle Karlsruhe steht, dass nach seiner Haft für
ihn dasselbe Schicksal vorgesehen war wie für seine Familie:
...Friedrich
Spindler sollte mit den übrigen Angehörigen der Familie in
ein Konzentrationslager überführt werden. Der Transport der
genannten Familie erfolgt am 24. März 1943. Es ist beabsichtigt,
Friedrich Spindler, nach der Verbüßung der zu erwartenden
Strafe ebenfalls in Vorbeugungshaft zu nehmen. (Aktenzeichen So KMs
24/43)
Vor dem Sondergericht Mannheim wurde gegen ihn am 6. Juli 1943 unter dem Aktenzeichen So KMs 24/43 das Urteil verkündet:
...
Friedrich Spindler ... wird als jugendlicher Schwerverbrecher wegen
heimtückischer Äußerung ... zu einem Jahr
Gefängnis ... verurteilt. Der Angeklagte hat die Kosten zu tragen.
Die anklagende
Staatsanwaltschaft Mannheim hatte zuvor am 10. April 1943 beim
Gesundheitsamt Heidelberg ein amtsärztliches Gutachten über
Friedrich Spindlers Zurechnungsfähigkeit eingeholt. In diesem wird
gefordert, dass auf ihn nicht das Strafmaß eines Jugendlichen,
sondern das eines Erwachsenen angewandt wird. Das Gericht stützt
sich bei seinem Urteil auf das amtsärztliche Gutachten, das in
seiner „gutachtlichen Beurteilung“ zum Schluss kommt:
Auszug aus dem amtsärztlichen Gutachten über Friedrich Spindler für das NS-Sondergericht Mannheim
Im Gefängnis in Mannheim gibt Friedrich Spindler seinen
Widerstandswillen auf. Er wirkt gebrochen, wie seine Briefe an den
Oberstaatsanwalt am 2. Juli 1943 zeigen, wo er um seine Begnadigung
bittet. Sicherlich wusste er bereits von der Deportation seiner Eltern
und Geschwister am 24. März 1943 nach Auschwitz.
Nach seiner Haft wurde er dann gemäß der Verfügung der
Kripo Karlsruhe vom 29. März 1944 (Tgb.Nr.6 K) am 5. Mai 1944 mit
einem Sammeltransport nach Auschwitz deportiert, am 16. Mai 1944 im KZ
Auschwitz-Birkenau eingeliefert und erhielt die Nummer Z 9908. Nach
Angaben des überlebenden Bruders Franz war er noch im Mai 1944
beim Fußmarsch ins Stammlager Auschwitz dabei, erkrankte dann
aber anscheinend dort an Typhus und starb.
Benachrichtigung
der Kriminalpolizeistelle Karlsruhe an den Oberstaatsanwalt in Mannheim
über die weitere Behandlung von Friedrich Spindler nach der
Haftzeit: Deportation nach Au-schwitz (Dokument: Sondergericht Mannheim
6. Juli 1943, Aktenzeichen So KMs 24/43)
|